Der Richtige Schlafsack
Die Auswahl des richtigen Schlafsacks hat grosse Auswirkungen auf unser Wohlbefinden auf Tour. Wenn du die ganze Nacht frierst, bist du am Morgen nicht gut erholt und weniger leistungsfähig.
Temperatur
Komfort
bei dieser Temperatur schläfst du komfortabel nackt oder in Unterwäsche
Limit
schlafen in langer, dickeren Unterwäsche oder zusätzlichen Kleidern
Extrem
bei dieser Temperatur stirbst du nicht, riskierst aber Gesundheitsschäden
Die Grundleistungsfähigkeit von Schlafsäcken liegt irgendwo in der Schnittmenge von Komfort und Limit. Da das Wärmeempfinden von Mensch zu Mensch aber sehr unterschiedlich ist, sind diese Angaben nur als Richtwert zu verstehen.
Bei vielen Herstellern wird die Komforttemperatur auch als Frauen- und Limit als Männer-Temperatur angegeben. Das finden wir so aber eher undifferenziert.
Die Extremtemperatur tut eigentlich nichts zur Sache, muss aber von den Herstellern angegeben werden. Deshalb kannst du diese getrost ignorieren.
Verwendung
Um den richtigen Schlafsack auszuwählen, musst du wissen, wofür du ihn einsetzen willst.
Hierbei ist vor allem das «Wann» und das «Wo» entscheidend.
Es nützt dir wenig, wenn du eine warme Wintertüte kaufst, aber eigentlich zu 98% im Sommer unter der Baumgrenze unterwegs bist.
Wir teilen die Schlafsäcke in verschiedene Klassen ein:
2-Saison
Einsatz von späterem Frühling bis früher Herbst in gemässigten Gebieten
3-Saison
Einsatz von Frühling bis Herbst, auch über der Baumgrenze
Winter
Warme Schlafsäcke für den Wintereinsatz
Sommer
leichte Schlafsäcke für den Sommereinsatz in tiefen Lagen.
Die Saisonangaben werden z.T. mit einem «+» ergänzt um die Grobeinteilung noch etwas zu verfeinern.
z.B. Panyam 600 von Cumulus: 3-Saison+
Dieser Schlafsack mit Komfort -6°C / Limit -13°C kann von Personen, die nicht so kälteempfindlich sind, auch im Winter verwendet werden.
Wo du deinen Schlafsack benutzen willst, hat grossen Einfluss auf die Auswahl und kann die Saison-Einteilung sehr ungenau machen.
Sobald du den Schlafsack in den Bergen (oberhalb Baumgrenze, ab ca. 2000m) verwenden willst, muss er etwas wärmer sein. Dort kann das Thermometer auch im Hochsommer in der Nacht unter 0°C fallen.
Wenn du ausschliesslich in tieferen Lagen unterwegs bist oder v.a. in Südeuropa, kann dein Schlafsack auch deutlich leichter sein.
Aufwertung
Grundsätzlich kann ein Schlafsack mit zusätzlicher Kleidung in der Nacht, oder einer Comforter Daunendecke aufgewertet werden.
In diesem Zusammenhang hört man immer wieder, dass es schlecht sei, Kleidung im Schlafsack zu tragen. Das ist aus unserer Sicht Blödsinn. Hierzu kurz eine Erklärung, wie ein Schlafsack eigentlich funktioniert:
Durch bauschendes Füllmaterial (z.B. Daunen) wird im Schlafsack Luft eingeschlossen. Wenn du im Schlafsack liegst, wärmst du mit deiner Körperwärme diese Luft auf.
Wenn du nun Kleidung trägst (z.B. eine Daunenjacke), braucht deine Körperwärme länger, bis sie die Schlafsackschicht erreicht. Soweit so richtig. Das ist dann auch das Argument gegen Kleider.
Aber in dieser Zeit liegst du ja in den bereits aufgewärmten Kleidern. Das Endresultat (wenn dann deine Wärme auch den Schlafsack erreicht hat) ist trotzdem ein aufgewerteter Temperaturbereich. Das wird gerne unterschlagen.
Bei dieser Diskussion geht es vor allem darum, mehr und wärmere (somit teurere) Schlafsäcke verkaufen zu können!
Trotzdem sind wir der Meinung, dass ein Schlafsack für den Hauptverwendungszweck genügend warm gewählt werden sollte. Nur für gelegentliche Verwendung bei tieferen Temperaturen sollte er dann aufgewertet werden.
Material
Daunen oder Synthetik? Ein viel und heiss diskutiertes Thema!
Obwohl die Synthetikfasern in den letzten Jahren stark verbessert worden sind, haben sie aus unserer Sicht doch nach wie vor viele Nachteile gegenüber Daunen. Daunen ist immer noch leichter (v.a. hochwertige Daunen), hat ein kleineres Packmass, bietet ein weicheres Gefühl beim drinliegen und ist atmungsaktiver.
Synthetik hat v.a. einen Vorteil gegenüber Daunen: Ein Synthetik-Schlafsack ist weniger anfällig auf Feuchtigkeit. Das ist aber in den meisten Anwendungsfällen nicht so relevant, wenn du ein wenig auf deinen Schlafsack aufpasst. Wenn du auf einem Einhandsegelboot unterwegs bist, oder einen Monat lang Grönland durchquerst, kann es evtl. Sinn machen einen Synthetik-Schlafsack zu wählen. Synthetik ist natürlich auch günstiger als Daunen.
Wie gesagt, die Meinungen zu diesem Thema gehen weit auseinander. Für uns ist aber klar, dass wir mit einem Daunenschlafsack unterwegs sind.
Noch ein Wort zu der “Cuin” Angabe bei Daunen. Dieser Wert bezeichnet die Bauschkraft der Daunen, je höher der Wert desto hochwertiger die Daunen. Um diesen Wert zu ermitteln wird eine genormte Menge Daunen (ca. 30g) in einen genormten Glaszylinder gepresst und nach einer genormten Zeit (24h) wird gemessen wie sehr sie sich ausgedehnt. Hier etwas mehr Info dazu (und hier the full monty für die Tech Nerds). Deshalb “cuin”, das steht für “cubic inches”. Da besser bauschende Daunen mehr Luft speichern können, braucht es weniger davon um die gleiche Wärmeleistung zu erreichen. Darum ist ein Schlafsack mit 600er Daunen schwerer als einer mit 850er, bei gleicher Wärmeleistung. Vorsicht bei hydrophob behandelter Daune – die wasserabweisende Behandlung der Daunen treibt den cuin-Wert nach oben. Das lässt aber nach einiger Zeit dann nach.
Passform
Bei einem zu knapp gewählten Schlafsack entstehen Kältebrücken dort, wo das Material spannt. Meistens ist das dann an den Füssen, und dort willst du auf keinen Fall kalt haben während der Nacht!
Bei viel zu grossen Schlafsäcken musst du zu viel Luft aufwärmen, was in einer verminderten Leistung des Schlafsacks resultieren kann.
Manche Schlafsäcke sind etwas weiter geschnitten (bei uns z.B. Panyam 450 und 600). Das erlaubt etwas mehr Bewegungsfreiheit und ermöglicht das Tragen von zusätzlicher Kleidung oder die Verwendung einer Daunendecke um den Temperaturbereich aufzuwerten.
Last but not least: Den Reissverschluss wählt man in der Regel auf der anderen Seite als die stärkere Hand
Wärmeempfinden
Wenn du schnell frierst, orientierst du dich eher an der Komforttemperatur.
Wenn du eher kälteresistent bist, an der Limittemperatur.
Temperaturbereich
Ein Schlafsack mit Komforttemperatur um 0°C (und damit 3-Saison) ist die wahrscheinlich vielseitigste Wahl für fast jeden Einsatzzweck (ausser Winter).
Im Hochgebirge oder wenn du gelegentlich im Winter unterwegs bist, sollte er etwas wärmer sein (z.B. Panyam 600). Für reinen Sommereinsatz weniger warm.
Wenn du regelmässig im Winter unterwegs bist, solltest du dir überlegen 2 Schlafsäcke anzuschaffen.
Passform
Wähle deinen Schlafsack möglichst passend zu deiner Körpergrösse. Im Zweifelsfall lieber etwas zu lang als zu knapp.
Reissverschluss
Rechtshänder wählen einen Schlafsack mit Reissverschluss links. Linkshänder einen mit Reissverschluss rechts.
Und zum Schluss…
Hier noch ein paar Dinge die du auch beachten solltest damit du nachts nicht frierst:
Wenn du bereits kalt hast, wenn du in den Schlafsack kriechst, kann es sehr gut sein dass du deinen Schlafsack nicht warm kriegst (weil deine Körperwärme eigentlich das ist was den Schlafsack aufwärmt, siehe oben). Im Zweifelsfall rennst du drei Runden um dein Camp um dich aufzuwärmen bevor du schlafen gehst.
Wenn du nicht genug gegessen hast, läuft die Heizung in deinem Körper auch nicht richtig. Ein Punkt der gern missachtet wird.
Wenn du eine volle Blase hast, versucht dein Körper diese Flüssigkeit warm zu halten. Diese Energie fehlt dann für den Rest des Körpers. Geh also vor dem Schlafen pinkeln, auch wenn du dich zwingen musst! Ausserdem ist es wirklich nicht cool, wenn du dich in der Nacht aus dem Schlafsack schälen musst um pinkeln zu gehen.
Wenn du tagsüber viel geschwitzt hast, solltest du zum Schlafen etwas anderes anziehen. Das Salz vom Schweiss in der Kleidung entzieht deinem Körper Wärme. Nasse Kleidung sollte auch gewechselt werden.
Allerdings ist der beste Ort um Kleidung zu trocknen in deinem Schlafsack (z.B. am Fussende). Dies ist vor allem im Winter oft die einzige Art etwas trocken zu kriegen.
Nimm deine Daunenjacke mit in den Schlafsack. So hast du jederzeit die Möglichkeit etwas mehr Isolation zu bekommen. Ich benutze meine daunenjacke oft wie eine Decke über meinen Oberkörper. Richtig anziehen kann man sie dann immer noch wenn die Deckenmethode nicht ausreicht.
Und wenn du mit all diesen Massnahmen trotzdem immer noch regelmässig kalt hast in deinem Schlafsack, hast du ihn zu wenig warm ausgesucht…